Ist Käse vegetarisch?

Annette 13.07.2003, 00:00:00

Oder: Das Problem mit dem Kälberlab

Vegetarier möchten keine Produkte essen, für die ein Tier getötet werden musste. Bei Käse kann das zum Problem werden.

Hartkäse werden normalerweise mit Lab hergestellt, welches die Milch zum Gerinnen bringt. Dieses Lab wird aus dem Magen von jungen geschlachteten Kälbern (Säuglingen, die noch genügend Enzyme zur Milchverdauung haben) gewonnen. Da Lab nicht deklariert werden muss, sieht man es einem Käse nicht an, ob er Lab enthält.

Das Vegi-Büro hat deshalb die Hersteller und Verkäufer von Käse betreffend Lab angefragt.

Die Reaktion der Käsehändler und ihrer Verbände zeigt, dass noch wenig Sensibilität in Bezug auf Kälberlab besteht. Sie waren erstaunt, dass sich jemand für das Lab im Käse interessiert und mussten in ihrer überwiegenden Mehrheit gestehen, dass beim Käseverkauf kein Unterschied zwischen Käsen mit und ohne Lab gemacht wird. Deshalb ist im Grosshandel kein Hartkäse garantiert frei von Kälberlab. Man muss den Käse direkt vom Hersteller beziehen, um zu wissen, was für ein Gerinnungsmittel verwendet wurde. Es ist leider kein Verfahren bekannt, die den Ursprung des Gerinnungsmittels beim fertigen Käse ermittelt könnte.

Schlimm sieht es bei Coop aus: In ihrem Käsezentrum in Kirchberg ist nicht einmal bekannt, dass für Hart- und Halbhartkäse auch in der Schweiz Alternativen zum Lab verwendet werden.

Die Migros hat, zumindest nach eigenen Angaben, keinen einzigen Käse, der ohne Kälberlab hergestellt wird.

Bei der Toni AG herrschen für Vegetarier wenigstens klare Verhältnisse: Sie verwenden für alle Käsesorten ausschliesslich aus Kälbermägen extrahiertes Labenzym. Falls ein Marktbedürfnis bestände, würden sie es jedoch ins Auge fassen, auch einen Käse ohne Lab zu produzieren.

Sämtliche Tilsiter werden ebenfalls mit Lab produziert.

Und wie sieht es bei den Bio-Käsesorten aus? Leider nicht besser. Das Enzym aus Kälbermägen wird von den Käsern als einwandfreies Naturprodukt betrachtet, obwohl die Kälber dazu heute meist aus Tierfabriken stammen.

So erstaunt es nicht, dass sogar bei der – sonst sehr fortschrittlichen – Baer AG kein einziger Käse ohne Lab erhältlich ist.

Vegane Käse gibt es in England und den USA bereits seit einigen Jahren, das heisst Käse, die nicht nur ohne Lab, sondern auch ohne Milch hergestellt werden! Die allermeisten dieser Käsealternativen sind allerdings in Geschmack und Konsistenz noch weit von echtem Käse entfernt. Der Markt für solche Alternativen scheint aber immer grösser zu werden.

Auch in der Schweiz tut sich etwas in dieser Richtung. Noch in diesem Jahr wird in einem Grossverteiler ein Schweizer Käse auf den Markt kommen, der auf pflanzlichen Fetten basiert und somit frei von Cholesterin ist. Er enthält allerdings noch einen Anteil an Milcheiweiss und ist deshalb nicht ganz vegan. Eine rein vegane Version des Käses ist für ca. Mitte 1998 geplant, dies wird bestimmt nebst allen Veganern auch alle Allergiker gegen tierisches Eiweiss interessieren.

Der Käse, der dieses Jahr auf den Markt kommt, wurde übrigens bereits vor über 5 Jahren entwickelt und nur aus Angst vor der Macht der Milch- und Käselobby nicht auf den Schweizer Markt gebracht (im Ausland ist er schon länger erhältlich).

Seit Herbst 1999 gibt es in der Schweiz einen veganen Versand, das Vegan-Center, Tel./Fax 031 992 81 82, E-Mail: office@vegan-center.ch), der unter anderem auch veganen Käse anbietet. Siehe Vegane Bezugsquellen.

Das Hauptproblem der fehlenden Deklaration von vegetarischem Käse könnte jedoch ganz einfach durch das Internationale Vegetarismus-Label gelöst werden.

Vollständigkeitshalber sei hier noch erwähnt, dass sich das Lablproblem nicht nur auf den Käse beschränkt. Auch Quark wird oft mit Lab hergestellt.

Suparen®:

Es ist ein standardisiertes, fermentativ gewonnenes Milchgerinnungsenzym aus einem nichtpathogenen Stamm der Endothia parasitica mit Zusatz von Sorbitol und höchstens 0,1 % Kaliumsorbat als Konservierungsmittel. Es wird flüssig geliefert.

Suparen, Thermolase, Fromase oder Marzyme

sind alles mikrobielle Labsorten. Sie sind erhältlich bei: Fr. Winkler AG, Thunstr. 18, CH-3510 Konolfingen. www.winklerag.ch

Microlant bezeichnet ein Sortiment von mikrobiellen Gerinnungsenzymen (Hannilase und Modilase). Es wird durch natürliche Fermentation aus dem Schimmelpilz Rhizomucor miehei erzeugt. Es ist in flüssig und pulverförmig erhältlich.

Erhältlich bei: Bichsel Käsereibedarf, CH-3506 Grosshöchstetten, Tel 031 711 11 11, www.bichsel-ag.ch

Alternativen zu Lab: Obwohl in Deutschland seit einiger Zeit ein gentechnisch hergestelltes Labenzym Verwendung findet, welches auch in der Schweiz zugelassen wäre, wird es in der Schweiz zur Zeit (glücklicherweise) nicht verwendet.

Als Alternative wird bei fast allen angefragten Hart- und Halbhartkäseherstellern das mikrobielle Milchgerinnungsenzym «Suparen®» oder «Thermolase 25» verwendet. Vor allem bei der Herstellung von Emmentaler findet es schon weite Verbreitung.

Einige Bezugsquellen von Käsen, die labfrei hergestellt werden:

Züger Frischkäse AG, Italienische Käsespezialitäten, Haslen, 9245 Oberbüren.

Verwendet Labaustauschstoffe in der Produktion. Quark, Ricotta, Mozzarella

Emmi Milch AG, Stationsstrasse 21, CH-6252 Dagmersellen

Verwendet für ihren Mozzarella kein Kälberlab. Sie sind hier erhältlich:

Coop: Kugel Vollfett 150 g, Bio Kugel Vollfett 150 g, Kugel Lifestyle 1/4 Fett 150 g, Bio Mozzarelline 145 g, Bio Stange 400 g, Scheibletten 4*90 g

Migros: Bio Kugel Vollfett 150 g, Kugel Léger 1/4 Fett 150 g, Mozzarelline 160 g, Mozzarella Sticks 3*30 g

Manor: Bio Kugel Vollfett 150 g

und ab Dezember 2002: Denner: Kugel Sunalp Vollfett 150 g, Mozzarelline Sunalp 200 g

Und natürlich alle Emmi-Eigenmarken Mozzarella Produkte.

FROMAGERIE, Robert et Martine Lisser, 2607 CORTEBERT. Diese Firma hat auch eine eigene Internetseite für Ihre Käse eingerichtet: http://www.agibert.com. Auf diesen Seiten findet man viele Informationen zu den zwei Halbhartkäsesorten aus Kuh- bzw. Ziegenmilch, die mit Suparen hergestellt werden. On-Line Bestellung möglich.

Joost Gebr. AG, Dorfbergstr. 3, 3550 Langnau im Emmental. Hier können Emmentaler und Greyerzerkäse aus 7 verschiedenen Käsereien, die ohne Lab arbeiten, bezogen werden.

Paul Krummenacher, Käserei, Waldengässli 1, 4704 Wolfisberg

Beat + Elsbeth Krummenacher, Käserei, 6019 Sigigen, mit Suparen hergestellter Emmentalerkäse; auch Direktverkauf.

Käserei, Hans Röösli, 6166 Hasle-Dorf, produziert labfreien Emmentaler, die anderen Käsesorten in seinem Laden können Lab enthalten.

Erwin Eberle, Käserei, 8594 Güttingen

Bei der Säntis Käse AG, Industriestr. 135, 9202 Gossau werden folgende Käsesorten mit dem bakteriellen Lab Fromase oder Suparen hergestellt: «Dorfkäse», «Säntis Gourmet», «Fürstenländer»

Fehlt eine/Ihre Adresse? Bitte melden bei: svv@vegetarismus.ch

Eine weitere Liste labfreier Käsesorten und weitere Informationen zu diesem Thema finden sie hier: rolfs vegi-seite

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Einige Zahlen zu Milch und Käse:

In der Schweiz produzierte Milch: 3,9 Millionen Tonnen pro Jahr.

Davon werden zu Käse verarbeitet: 1,6 Millionen Tonnen.

Diese ergibt: 137’000 Tonnen Käse.

Das heisst für 1 kg Käse braucht man über 11 Liter Milch.

Für die Vermarktung des Käses (hauptsächlich ins Ausland) gibt der Bund (und somit alle Steuerzahler) pro Jahr über eine halbe Milliarde Franken aus.

Mit diesen Geldern werden rund 50% des in der Schweiz produzierten Käses zu Billigpreisen exportiert.

Um die dafür notwendige Milchmenge herzustellen, müssen die Kühe immer mehr Milch produzieren. So stieg die durchschnittliche Jahres-Milchproduktion einer Kuh gewaltig:

1866: 1’990 kg

1911: 2’810 kg

1981: 4’270 kg

1991: 5’020 kg

1997: 6’500 kg

<a href="http://www.vegetarismus.ch/heft/97-3/kaese.htm">http://www.vegetarismus.ch/heft/97-3/kaese.htm</a>