FETTARM ZUM INFARKT

Gast 21.09.2005, 16:16:17

Vorsicht... sehr langer Beitrag :)

FETTARM ZUM INFARKT

Ein Leben lang sparsam mit Butter, Ei, Käse und Fleisch – und nun soll alles umsonst gewesen sein? Zwar rückten kritische Wissenschaftler dem Dogma vom Fett als Gesundheitsrisiko schon lange zu Leibe – dennoch hielt es sich hartnäckig. Dabei konnte es wissenschaftlich nie bewiesen werden.

Und nun kommt es noch schlimmer: Immer mehr Studien zeigen, dass die üblichen Essvorschriften die Zivilisationsleiden, die sie verhindern sollten, eher fördern. Damit könnte sich die Verdammung der Fette als Dick- und Krankmacher als einer der größten Fehler in der Geschichte der Ernährungswissenschaft erweisen.

Ausgerechnet die als Gesundheitsgaranten gepriesenen Kohlenhydrate entpuppen sich immer mehr als Bösewichter – egal, ob in Form von „komplexer“ Stärke (Brot, Nudeln) oder als „einfacher“ Zucker in Süßwaren und Getränken. Je mehr Kohlenhydrate verzehrt werden und je stärker diese den Blutzuckerspiegel erhöhen, desto häufiger kommt es zu Übergewicht, Herzkrankheiten und Diabetes. Damit einhergehend steigt das Risiko für Schlaganfall, bestimmte Krebsformen, Blindheit, Nierenschäden und Amputationen. Seltsam nur, dass die Öffentlichkeit von solchen Studienergebnissen kaum etwas erfährt.

Trans-Fettsäuren

Trans-Fettsäuren finden sich nicht nur in Margarine, sondern auch in Milchprodukten, Rinderfett und Butter. Sie entstehen im Pansen der Kuh durch die Tätigkeit von Bakterien. An diese Art von trans-Fettsäuren ist unser Körper gewöhnt. Bestimmte trans-Fettsäuren aus dem Fett der Wiederkäuer, die sogenannten CLA, werden sogar als Krebs- und Herzschutzstoffe diskutiert.

Die meisten neuen Stoffe, die bei der Teilhärtung der Margarine-Öle entstehen, kamen dagegen in natürlichen Fetten nicht vor.

Doch dieser Zustand ist längst Vergangenheit, denn die Fette reichern sich im menschlichen Fettgewebe an. Schon vor 30 Jahren fand man im Körperfett von Menschen, die an einem Infarkt verstorben waren, jene Fettsäuren, die für Margarine charakteristisch sind. Zudem sterben in jenen Gegenden Großbritanniens, in denen am meisten Margarine verspeist wird, mehr Menschen am Herzinfarkt als in "Buttergebieten". Da trans-Fettsäuren das "böse" LDL erhöhen und das "gute" HDL senken, stehen sie im dringenden Verdacht, Gefäßveränderungen am Herzen mitzuverursachen.

In der großen Krankenschwestern-Studie erwies sich nicht nur die Margarine als Risikofaktor für Herz- und Gefäßleiden, sondern auch Gebäck und Weißbrot, die allesamt mit Spezialfetten hergestellt werden, sogenannten Ziehmargarinen.

Auch Pommesbuden und die Lebensmittelindustrie verwenden aufgrund der günstigen technologischen Eigenschaften große Mengen an Ziehmargarine.

Damit die Margarine die gewünschten Eigenschaften erzielt, muss sie aber reichlich trans-Fettsäuren enthalten.

In Haushaltsmargarinen hat die Industrie die trans-Fettsäuregehalte zwar drastisch reduziert - dem Käufer von Gebäck, Fritten und Fertiggerichten nützt das aber nichts.

Die Lebensmittelindustrie versorgt uns nicht nur mit unerwünschten trans-Fettsäuren, sondern auch mit fragwürdigen Cholesterin-Abkömmlingen: Sogenannte Oxycholesterine entstehen zwar auch im Körper, vor allem jedoch bei der industriellen Produktion von Ei- und Milchpulver, von Sprühfetten oder geriebenem Käse. Sobald die Lebensmittel mit Luft in Kontakt kommen, oxidiert ein Teil des "normalen" Cholesterins zu Oxycholesterinen.

Im Gegensatz zum "normalen" Cholesterin ist die Liste der Untaten der Oxycholesterine lang:

Sie verändern die Zellmembranen, hemmen die Cholesterin- und Prostaglandinbildung, stimulieren das Zusammenkleben von Blutplättchen und stören die Funktion der Bindungsstellen für das LDL-Cholesterin.

Sie verändern die Verteilung des Cholesterins im Körper, fördern die Bildung von Schaumzellen und reichern sich in der "bösen" LDL-Fraktion an.

Haben wir jetzt den wahren Schurken in Sachen Arteriosklerose und Herzinfarkt gefunden?

Eine andere Beobachtung scheint dem zu widersprechen:

Der Körper selbst bildet in der Leber und in den Nebennieren spezielle Oxycholesterine, mit deren Hilfe er den Cholesterinspiegel reguliert.

Sie bremsen bei Bedarf die Cholesterinbildung und erhöhen dessen Ausscheidung.

Das Cholesterin selbst scheint also nur die Reservesubstanz im Organismus zu sein.

Die eigentlichen Wirkstoffe sind ausgerechnet die verteufelten Oxycholesterine.

Wie lässt sich dieser scheinbare Widerspruch erklären?

Im Gegensatz zur gezielten und kontrollierten Bildung bestimmter Oxycholesterine im Körper entstehen während der Lebensmittelverarbeitung Oxidationsprodukte in unkontrollierter Menge und unbekannter Zusammensetzung. Darunter befinden sich dann auch jene hochgiftigen Verbindungen, die den Fettstoffwechsel stören und die Arteriosklerose fördern.

Fertigprodukte wie Puddingpulver, Mikrowellenmenüs, Mayonnaisen, Nudeln oder Eis enthalten heute statt frischer Eier getrocknetes Eipulver.

Vor allem, wenn sie lange gelagert werden, enthalten sie reichlich Oxycholesterin. So vervierfachten sich die Oxycholesteringehalte von Keksen, die mit Eipulver gebacken waren, innerhalb von einem Monat.

So riskant kann es also sein, sich an die Empfehlungen zu halten:

Wer aus Angst um sein Herz auf´s tierische Fett verzichtet, verspeist stattdessen "rein pflanzliche" Kekse, Nuss-Nugat-Cremes, Chips und "ausgewogene" Fertigmenüs, die bedenkliche trans-Fettsäuren und herzschädigende Oxycholesterine enthalten.

Wer die cholesterinreiche Butter meidet, landet bei der Margarine, die vor unbekannten und gesundheitlich fragwürdigen Fettabkömmlingen nur so strotzt.

Da hilft es auch nicht, dass die Kunstbutter nun noch "gesünder" werden soll:

Der neueste Schrei sind Margarinen wie ProAktiv von Unilever, die mit pflanzlichen Sterinen angereichert sind: Campesterin, ß-Sitosterin und Stigmasterin sollen vor Herzinfarkt schützen, indem sie die Aufnahme von Cholesterin im Darm verringern. Sie sind - wie die Wortendung "-sterin" bereits verrät - alle eng mit dem Cholesterin verwandt und konkurrieren mit diesem um die Transportsysteme im Darm. Sind die "Speditionen" durch pflanzliche Sterine blockiert, kann der Körper weniger Cholesterin aufnehmen. Dadurch, so rechnete Unilever vor, sollen 20 Prozent der Infarkte vermieden werden.

Vergleichbare Produkte sind in Finnland (Benecol) und USA (Take Control) bereits auf dem Markt. Benecol von der Raisio-Gruppe wurde gar als größter Beitrag der finnischen Wälder zum gelungenen Frühstück seit der Erfindung des Holzbrettchens gewürdigt.

Der Grund:

Rohstoff für die Gewinnung der pflanzlichen Sterole sind Kiefernspäne - um es vornehm auszudrücken. Genauer betrachtet handelt es sich um zähflüssiges, übelriechendes Tallöl, ein Abfallprodukt der skandinavischen Papierindustrie. Bisher wurde es für Asphalt, Lacke und Leime verwendet, jetzt soll es die Margarine gesundheitlich aufwerten.

Unilever in Deutschland setzt für seine neue ProAktiv-Margarine auf Extrakte aus Sojabohnen. Aber auch hier geht es im Grunde darum, Überbleibsel aus der Lebensmittelwirtschaft über unsere Mägen zu entsorgen: Sojaöl ist der wichtigste Grundstoff für Margarine. Bei seiner Raffination werden Begleitstoffe wie die Sterole allerdings entfernt, weil sie den technischen Ablauf stören.

Ob sie dem Menschen möglicherweise nützen, hatte bislang niemanden interessiert. Nun werden die einstigen "Abfälle" werbewirksam wieder zugesetzt:

als teure funktionale Additive für den gesundheitlichen "Zusatznutzen".

Tatsächlich sind diese Margarinen in der Lage, den als ungünstig geltenden LDL-Cholesterinspiegel zu senken: 10 Prozent und mehr wurden in klinischen Studien erreicht.

Gleichzeitig blieben das "gute" HDL-Cholesterin und die Triglyceride unverändert. Ob durch diese Risikofaktor-Kosmetik tatsächlich die Zahl der Infarkte sinkt oder Menschen länger leben, ist damit allerdings nicht gesagt.

Die endgültige Antwort werden wir erst kennen, wenn Hunderttausende über viele Jahre das Kunstfett verspeist haben. Angesichts der fehlenden Erfolge bisher üblicher cholesterinsenkender Diäten darf an den Unilever-Prognosen gezweifelt werden.

Die Manager können sich dennoch entspannt zurücklehnen, denn der Rubel rollt: ProAktiv wird seit dem Sommer 2000 für rund 6,- DM pro halbem Pfund an den um sein Herz besorgten Verbraucher gebracht.

Der muss, um in den zweifelhaften Genuss des cholesterinsenkenden Effektes zu kommen, regelmäßig zum Kunstfettnäpfchen greifen. Denn kurz nach dem Absetzen ist die Wirkung auch schon wieder verflogen.

Unter Marketinggesichtspunkten eine äusserst nützliche Eigenschaft. Hoffentlich spricht sich nicht so schnell herum, dass beispielsweise ß-Sitosterol viel billiger zu haben ist:

Umweltschützer beklagen dessen hohe Gehalte im Trinkwasser. Es gelangt dorthin über die Ausscheidungen von Menschen, die Medikamente zur Senkung der Blutfette einnehmen und über die Abwässer der Papierindustrie.

Die Beispiele ernährungswissenschaftlicher Fehlgriffe in Sachen Infarkt-Prophylaxe ließen sich beliebig fortführen: So steigt unter salzarmer Kost der Cholesterinspiegel, und die Infarkte nehmen nicht ab.

Und ständig kommen neue Ernährungsthesen hinzu: zuwenig Folsäure, zuviel Homocystein, zu wenig Gemüse, zu üppiges Frühstück, zu wenig Selen, zuviel Kaffee. Der umstrittene Türkentrunk ist übrigens längst rehabilitiert: Zumindest in Mengen bis zu 10 Tassen täglich schädigt er das Herz nicht.

Wer gelassen an die Sache herangeht, erkennt bald, dass die Strickmuster der Herzinfarkt-Theorien immer gleich sind: Jemand entdeckt einen statistischen Zusammenhang, der wird publiziert und zum Risikofaktor und allzu oft zur Ursache hochstilisiert. Wird die Hypothese irgendwann überprüft, stellt sie sich meist als falsch heraus. Denn selbst wenn es stimmt, dass bei vielen Infarktpatienten das Homocystein erhöht ist, bedeutet das noch lange nicht, dass ein gesenkter Homocysteinwert vor Infarkt schützt oder das Leben

verlängert.

Hier könnte man vom Cholesterin lernen: Ein hoher Wert ist entweder harmlos oder nur ein Begleitsymptom. Ihn zu manipulieren und zu hoffen, damit die Ursache behoben zu haben, wäre genau so, als würde man beim Erschrillen einer Alarmglocke den Strom abschalten.

Stellen wir die Frage einmal anders:

Gibt es nicht doch etwas in unserem Essen, das möglicherweise vor dem gefürchteten Herzschlag schützt?

Michael Hertog vom staatlichen Institut für Volksgesundheit und Umweltschutz im holländischen Bilthoven hat die Daten der Sieben-Länder-Studie noch einmal aufgerollt.

Er bestätigte, dass weder der Cholesterinspiegel noch die antioxidativen Vitamine die unterschiedlichen Infarktraten in den verschiedenen Ländern erklären können.

Wenn er allerdings die Zufuhr an Flavonoiden zugrunde legte, so konnte er 50 Prozent der Unterschiede vorhersagen. Flavonoide sind eine große Gruppe pflanzlicher Wirkstoffe, die jedoch keinerlei Nährwert haben.

Sie erwiesen sich mittlerweile auch in anderen Studien als gute Kandidaten für den Herzschutz: Je höher ihre Zufuhr, desto niedriger liegen Infarkte und Sterblichkeit.

Bevor jetzt aber wieder pauschale Empfehlungen formuliert oder Pillen gedreht werden, sollte man wissen, dass in jedem Land andere Flavonoidquellen von Bedeutung waren:

Häufig stammten die pflanzlichen Stoffe hauptsächlich aus schwarzem Tee und Rotwein, oder auch aus Zwiebeln, Grünkohl oder Äpfeln. Damit entpuppten sich ausgerechnet die landesüblichen Grundnahrungsmittel als Herzschutz - noch dazu ganz ohne den Beistand der Ernährungswissenschaft.

Ähnlich sieht es rund um´s Mittelmeer aus: Dort sterben wesentlich weniger Menschen am Infarkt als in nördlicheren Gefilden, obwohl die traditionelle Kost so manchem Ernährungsberater die Haare zu Berge stehen lassen müsste: Zerkochtes Gemüse, Weißbrot, Olivenöl in rauen Mengen und keine Mahlzeit ohne Alkohol.

Trotzdem sind die Menschen dort gesünder. Vielleicht liegt es daran, dass sie essen, was ihnen schmeckt und nicht das, was man ihnen empfiehlt. Vielleicht liegt es aber tatsächlich an den Zutaten der traditionellen Küche, z.B. am Olivenöl.

quelle:http://www.diabeteszentrum-heidelberg.de/medizin_info/cholesterin_3.htm#2

Was wirklich wirkt: Statine

Die neuesten cholesterinsenkenden Medikamente, die sogenannten Statine oder CSE-Hemmer, senken tatsächlich die Häufigkeit von Herzinfarkten, Schlaganfällen und die Sterblichkeit. Sie hemmen ein Schlüsselenzym der Cholesterinsynthese und wirken damit völlig anders als etwa eine fettarme Diät. Mit Hilfe der Statine sinken das "böse" LDL und die Triglyceride, das "gute" HDL steigt an.

Dies geschieht unabhängig vom Ausgangs-Cholesterinwert und im Gegensatz zur Diät dauerhaft. Gleichzeitig verbessern sich weitere Risikomarker wie etwa die Blutgerinnung und die Eigenschaften der Blutgefäßwände.

Es vergeht zur Zeit kaum ein Monat, in dem die Wissenschaftler nicht auf neue und unerwartete Wirkungen der Statine stoßen. So scheinen sie auch vor Osteoporose und Alzheimer zu schützen.

Aus diesem Tatbestand muss geschlossen werden, dass diese Medikamente in ganz zentrale Stoffwechselwege eingreifen, so dass ihre Wirkungen weit über eine Manipulation des Cholesterinspiegels hinausgehen.

Von daher sind langfristig auch Nebenwirkungen zu erwarten.

Deswegen und wegen ihres hohen Preises sollten sie Hochrisikopatienten vorbehalten bleiben.

Evidenz-basierte Methoden entlarven Empfehlungen als Makulatur

Sigrid S. ist 40 Jahre alt und hat ein paar Pfund zuviel auf den Rippen. Ihr Cholesterinspiegel ist leicht erhöht. Deswegen achtet die gesundheitsbewusste Mutter besonders auf das Fett im Essen: Sie kauft Milch nur mit 1,5 Prozent Fett und meidet fette Wurst. Das Salatöl hat sie gegen ein Light-Dressing ausgetauscht, und Butter ist längst tabu. Bei Kartoffeln, Nudeln und Brot langt sie dafür mit gutem Gewissen kräftig zu. Und wenn sie mal nascht, dann kohlenhydrathaltige Fruchtgummis statt fetter Schokolade. Damit folgt sie exakt den Empfehlungen vieler Ernährungsberater – und macht womöglich alles nur schlimmer.

Seit vierzig Jahren warnen Mediziner und Ernährungsexperten insbesondere vor tierischen Fetten und gesättigten Fettsäuren: Zuviel Fett mache fett und krank - so lautet die simple Botschaft fürs Volk. Wer abnehmen oder sich vor Herzinfarkt und Schlaganfall schützen will, müsse das „böse“ Fett durch „gute“ Kohlenhydrate ersetzen. Wird dies in Stoffwechselstudien überprüft, sinkt das „böse“ LDL-Cholesterin und mit ihm der Gesamtcholesterinspiegel.

Aber: Zahlreiche andere Kennzahlen des Fettstoffwechsels verschlechtern sich. Das „gute“ HDL sinkt, die Blutfette (Triglyceride) steigen. Die LDL-Partikel werden kleiner, was sie gefährlicher für die Gefäßwand macht. Unterm Strich steigt das Herzinfarktrisiko – zumindest theoretisch. Besonders gefährdet sind Übergewichtige und Menschen mit erhöhten Blutzucker- und Insulinwerten, die auf dem besten Weg sind, an Diabetes zu erkranken. Denn auch Kennzahlen des Zuckerstoffwechsels – Glucosetoleranz und Insulinempfindlichkeit - verschlechtern sich. Je fettärmer und stärkereicher die Kost, desto schlechter die Blutwerte.

quelle: http://www.ernaehrgesund.de/artikel/fetteluegen/fetteluegen.html

Kohlenhydrate in neuem Licht

Nudeln machen glücklich – zumindest die Ernährungsberater. Die wollen, dass wir viele Nudeln essen, natürlich auch Brot, Kartoffeln und Reis, denn die sind voller Stärke. An diesem „komplexen“ Kohlenhydrat sollen wir uns satt essen, das sei gesund, helfe Fett sparen und Übergewicht vorbeugen. Mit dieser ernährungswissenschaftlichen Rückendeckung war es ein Leichtes für Nudeln & Co., ihr einstiges Image als Dickmacher abzustreifen. Heute heißt es allenthalben, nur das Fett in der Soße schlage sich auf den Hüften nieder.

Doch das schöne Bild von den „guten“ komplexen Kohlenhydraten, die uns schlank und gesund erhalten, fällt zur Zeit in sich zusammen. Die Zweifel kommen aus Amerika, aus der Harvard Universität, wo man seit fast 20 Jahren eine große Beobachtungsstudie mit rund 80.000 Krankenschwestern durchführt. Als die Wissenschaftler die Koronaren Herzerkrankungen in Beziehung zu den Nährstoffen setzten, war die Überraschung perfekt: Es fand sich kein Zusammenhang zum Verzehr von tierischem Fett und Eiweiß; Alkohol und pflanzliche Fette erwiesen sich als Schutzfaktoren. Bei den Kohlenhydraten zeigte sich dagegen ein Trend zum höheren Koronarrisiko.

ESSEN VERMESSEN: DER GLYX von Ulrike Gonder

Wieder ausgegraben: der GI

Verblüfft suchte man nach einer Erklärung und kramte eine 20 Jahre alte Kennzahl aus der Diabetesforschung aus, den Glycämischen Index (GI oder Glyx genannt). Der GI ist eine Maßzahl dafür, wie schnell die Kohlenhydrate aus einem Lebensmittel im Magen-Darm-Trakt in Zucker umgewandelt werden. Je höher der Index, desto mehr Zucker entsteht und desto deutlicher steigt auch der Zuckerspiegel im Blut an. Einen niedrigen GI (unter 55) haben die meisten Obst- und Gemüsesorten, Nüsse, Milchprodukte und Hülsenfrüchte. Einen hohen GI (über 70) findet man nicht nur bei Zucker und vielen Süßigkeiten, sondern auch bei Kartoffeln und fast allen Getreideprodukten, den Hauptlieferanten „komplexer“ Kohlenhydrate.

Die Bostoner Wissenschaftler fanden nun folgendes heraus:

Wer besonders viel von den besonders blutzuckersteigernden Lebensmitteln isst, hat ein deutlich erhöhtes Risiko für Übergewicht, Diabetes mellitus und Herzinfarkt.

Auch die Blutfett- und Blutcholesterinwerte verschlechtern sich, wenn viele Kohlenhydrate mit hohem GI gegessen werden – egal, ob „komplexe“ Stärke oder einfacher Zucker. Das war ein gehöriger Schlag ins Kontor der Getreidefraktion

Der glycämische Index (GI oder Glyx) hat bereits 20 Jahre auf dem Buckel, ist zur Zeit aber wieder sehr en vogue. Es handelt sich um eine Maßzahl dafür, wie schnell die Kohlenhydrate aus einem Lebensmittel im Magen-Darm-Trakt in Zucker umgewandelt werden (s. Tabelle). Je höher dieser Index, desto mehr Zucker entsteht und desto deutlicher steigt auch der Zuckerspiegel im Blut an.

ALLES WIRD ZUCKER

Wir essen Kohlenhydrate in Form von Zucker, Kartoffeln, Brot, Karotten, Cola oder Fruchtjoghurt. Selbst wenn die verzehrte Menge an Kohlenhydraten identisch ist, lässt jedes dieser Lebensmittel den Zuckerspiegel im Blut unterschiedlich stark ansteigen. Genau darüber gibt der glycämische Index Auskunft.

Sobald Zucker ins Blut strömt, schüttet die Bauchspeicheldrüse Insulin aus. Dieses Hormon ist für die Verwertung des Zuckers unentbehrlich. Zuviel Insulin gilt jedoch als bedeutender Risikofaktor für eine Reihe von Zivilisationsleiden, von Diabetes mellitus, der Zuckerkrankheit, bis hin zu Herzinfarkt und Krebs. Deswegen sollen Lebensmittel mit niedrigem GI (möglichst unter 50) ausgewählt werden, denn: Je niedriger der GI, desto weniger Zucker gelangt ins Blut und desto weniger Insulin ist nötig (siehe auch: Streit ums Korn: Marmorkuchen oder Vollkornbrot?).

So weit, so gut. Es gibt jedoch zwei Probleme, wenn die Lebensmittel nur nach dem GI ausgewählt werden. Erstens ändert sich der GI je nach Verarbeitung, Fett- und Säurezugabe zu den Speisen. Schon die Butter auf dem Brot oder ein Schuss Essig im Eintopf kann den GI deutlich verringern. Zudem reagiert jeder anders, so dass auch der GI ein und desselben Lebensmittels von Mensch zu Mensch variiert

VOM GLYX ZUR GL

Das zweite Problem: Der GI sagt nichts darüber aus, wie viel Kohlenhydrate in einer Portion des entsprechenden Lebensmittels enthalten sind. Das kann jedoch entscheidend sein, wie das Beispiel der Karotte deutlich macht: Karotten haben mit 71 einen hohen GI und wären damit nicht empfehlenswert. Weil eine Portion von 200 Gramm Karotten aber nur 12 Gramm Kohlenhydrate enthält, fällt der hohe glycämische Index gar nicht ins Gewicht, so dass es nach wie vor empfehlenswert ist, Karotten zu essen.

Aus diesem Grund haben Wissenschaftler der Harvard Medical School in Boston eine neue Kennzahl zur Beurteilung von Mahlzeiten eingeführt, die Glycämische Ladung (GL). Die GL berücksichtigt sowohl den GI der Lebensmittel als auch den Kohlenhydratgehalt der jeweiligen Portionen. Damit lassen sich die gesundheitlichen Effekte kohlenhydrathaltiger Lebensmittel besser abschätzen als mit Hilfe des GI. In zwei großen Studien der Bostoner Forscher konnte gezeigt werden, dass das Risiko für Diabetes und Herzinfarkt tatsächlich parallel zur Glycämischen Ladung des Verzehrten ansteigt.

Glycämischer Index und glycämische Ladung einiger Lebensmittel

Lebensmittel Glyx Portion KH / Portion glyc. Ladung

Apfel, Birne 38 125 g 16 g 6

Karotten 71 200 g 12 g 9

Roggenvollkornbrot 52 50 g 20 g 10

Pumpernickel 51 50 g 21 g 11

Banane 50 125 g 26 g 13

Weizenvollkornbrot 69 50 g 21 g 14

Weißbrot 70 50 g 24 g 17

Kartoffel, neu, gekocht 62 200 g 32 g 20

Pasta, gekocht 40 200 g 64 g 26

Kartoffel, gebacken 85 200 g 32 g 27

Pommes frites 75 150 g 47 g 35

(Die meisten Salat- und Gemüsearten sind nicht aufgelistet, weil sie wenig Kohlenhydrate mit einem niedrigen glycämischen Index enthalten. Folglich ist auch ihre glycämische Ladung gering. In US-Studien stieg das Risiko etwa ab einer GL von 130 pro Tag.)

TAKE-HOME-MESSAGE ( für die prakt. Anwendung zuhause)

Für das tägliche Essen ist das alles freilich viel zu kompliziert.

Die „Take-Home-Message“ lautet daher kurz gefasst:

Bei Gemüse, Salat und Obst darf nach wie vor kräftig zugelangt werden.

Bei Keksen, Kuchen, Süßigkeiten und Softdrinks ist nach wie vor Zurückhaltung angesagt.

Neu ist, dass auch Weißbrot, Mischbrot, Nudeln, Reis und Kartoffeln nicht mehr als besonders gesund empfohlen werden, sondern dass auch bei diesen kohlenhydratreichen Lebensmitteln zum Maßhalten aufgefordert wird.

Gast 21.09.2005, 20:33:00

wie sagte schon paracelsus (oder war es hippokrates??) :

es kommt bei allem im leben auf die dosierung an !